Die Dortmunder Filmemacher fuhren mit „Deutschland von oben“ einen großen Publikumserfolg ein. Jetzt haben sie die Perspektive gedreht. Dabei zeigt sich die Extraklasse des Doku-Duos. Röckenhaus und Höfer nutzen den allgemeinen Titel, um kleine, clever verzahnte Geschichten zu erzählen, nicht nur von Höhlenforschern, sondern auch von einer Ölbohrinsel in derNordsee, von Murmeltieren und dem Flechtwerk der Pilze. Dabei wird das Publikum keineswegs zugetextet. Die fantastischen Bilder und Animationen wirken. Bleibt nur noch eine Frage: Warum haben Röckenhaus und Höfer noch keinen Grimme-Preis.

WAZ / Jürgen Overkott

Im ZDF gibt es etwas zum Staunen: riesige Höhlen, von der Natur, Menschen oder Tieren geschaffen; kilometerlange Gänge, Gewölbe, hoch wie Kathedralen, Schächte, deren Ende noch niemand erreicht hat. Durchmessen werden sie von den Machern der außergewöhnlichen Reihe „Deutschland von oben“, die diesmal in den Untergrund gegangen sind.

Was sie dabei zutage fördern, ist ähnlich atemberaubend, wie ihr Vogelflug mit der Kamera über unser Land es war. Sei es das Salzbergwerk von Bernburg in Sachsen-Anhalt mit seinen monumentalen Kavernen, die sich wie eine Stadt unter der Stadt ausnehmen, seien es die Beinhäuser aus dem Mittelalter, die zum Teil erst in den letzten Jahren entdeckt

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(2) worden sind, oder das „Riesending“. Das ist eine Höhle am Untersberg im Berchtesgadener Land, die erst 2002 aufgetan wurde und deren Einstieg die Entdecker bis heute geheim halten. Da wird einem alles geboten: Seen, Wasserfälle, Klippen, Canyons. Der Sage nach soll hier König Barbarossa mit einem Zwergenvolk hausen - Platz genug hätten sie.

Nicht minder beeindruckend aber ist, was die Murmeltiere am Funtensee in kleinerem Maßstab wegbuddeln. Der Film spürt ihnen mit Minikameras und allen Tricks der Computertechnik nach, welche die Filmemacher wirklich beherrschen. Doch was sie uns zeigen, ist schon im Originalzustand ein einziges Abenteuer. Eine Reise in ein Wunderland.

Frankfurter Allgemeine Zeitung / Michael Hanfeld

Als ‘Überflieger’ haben Petra Höfer und Freddie Röckenhaus in ihrer preisgekrönten Dokumentation „Deutschland von oben“ (vgl. FK 23/10) das Land aus einer neuen Sicht gezeigt. Die Umkehr der Perspektive lag nahe, also begeben die beiden sich nun in eine faszinierende Welt unter den Füßen der Menschen und bringen uns „Deutschland von unten“ nahe. Auf kurzweilige Art verbinden die beiden Autoren in ihrer zweiteiligen Wissenschaftsdokumentation unterschiedlichste Aspekte dieses Themas. Begleiten sie Forscher mit der Kamera auf eine Expedition in die „Riesending-Höhle“ 1200 Meter unter dem Berchtesgadener Land, dann ist die Bildausbeute atemberaubend – eine dokumentarische Version des Jules- Vernes-Films „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“.

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(2) Nach dieser spektakulären Bildausbeute scheint es zunächst etwas simpel zu sein, wenn die Kamera einem Murmeltier oder im zweiten Teil einem Maulwurf auf verschlungenen Wegen durch seine Erdhöhlen verfolgt. Höfer und Röckenhaus schaffen es jedoch, dass man sich auch für die Frage interessiert, mit welchen physiologischen Tricks die Winterschläfer ein halbes Jahr unter Schnee und Eis überleben. Mit dieser leichtfüßigen Verknüpfung zwischen telegenem Sightseeing und (Populär- )Wissenschaft gelingt den beiden Autoren Infotainment mit überraschendem Mehrwert.

Durch die vielfältigen Brechungen dieses nüchternen wissenschaftlichen Blicks wird „Deutschland von unten“ (Produktion: colourfield) gerade besonders sehenswert. Eine Schlüsselrolle spielen dabei sinnvoll eingesetzte

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(3) Computeranimationen. So nimmt die Kamera bei der Betrachtung der Murmeltier-Gänge plötzlich eine unmögliche Perspektive mitten in der Erde ein. Während die Gänge wie ein Nervengeflecht erscheinen, wird das Erdreich transparent wie Wasser. Auf wundersame Weise schaut man von unten nach oben, wo die auf der Weide grasende Kuh aussieht, als stünde sie auf der Eisfläche eines gefrorenen Sees.

Um anschaulich darzustellen, was mit versickertem Grundwasser passiert, hebt die virtuelle Kamera kurzerhand einen zirka einen Kubikkilometer großen Block aus der Erde – als ob ein Riese hier den Spaten angesetzt hätte. Der schwebende Erdblock ruft Erinnerungen wach an Roger Deans berühmtes Plattencover zu den „Yessongs“.

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(4) Der Musikeinsatz, mit dem die ästhetischen Bilder dieser Doku teilweise zum Videoclip werden, ist hier und da etwas grell. Fährt die Kamera im Eiltempo durch das Salzbergwerk von Bernau oder die Zeche Prosper-Haniel in Bottrop, dann sollen die unterlegten Gitarrenriffs wohl auch die Zielgruppe ins ZDF- Publikum integrieren, die in Wacken Heavy-Metal-Musik hört.

Diese forcierte Synästhesie verzeiht man dem Film jedoch, weil Höfer und Röckenhaus auf eine lustvolle Art die Grenzen zwischen Wissenschaftsdoku und audiovisuellem Gesamtkunstwerk neu ausloten. Schießt der Fliegenpilz im

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(5) Zeitraffer zum 70er-Jahre-Elektropop-Hit „Popcorn“ aus dem Boden, dann hat man das Gefühl, als wäre man als Zuschauer auch der halluzinogenen Wirkung dieses Pilzes ausgesetzt.

Puristische Doku-Dogmatiker werden das streckenweise üppige Wuchern der Effekte womöglich kritisch bewerten. Man muss dagegenhalten, dass mit diesem Experiment teilweise geradezu entfesseltes Fernsehen gelingt. Und das auf einem Sendeplatz, auf dem man eigentlich etwas anderes erwartet.

Funkkorrespondenz / Manfred Riepe

Die neue Produktion dreht auf den ersten Blick verblüffend einfach das Konzept der Vorgängerreihe einfach um. Statt Deutschland aus der Perspektive der Lüfte zu beobachten und zu untersuchen, steigen Petra Höfer und Freddie Röckenhaus zusammen mit ihren Kameraleuten in das hinab, was sich unter der Erde an neuen wie alten Welten entwickelt hat. Beispielsweise die große Höhle, die in den Berchtesgadener Alpen liegt und erst vor einigen Jahren entdeckt worden ist. Mit einem kleinen Trupp von Forschern stieg man in die über einen Kilometer tiefe und fast zehn Kilometer lange Höhle hinunter und entdeckte nach jeder Biegung oder jedem Steilstück immer wieder visuell attraktive Ansichten auf das Neue, etwa unterirdische Wasserfälle, kleine malerische Seen, steile Schluchten, schmale Durchlässe und große, hallenähnliche Räume.

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(2) Parallel dazu führten sie den Zuschauer in das Gängesystem ein, das Murmeltiere für ihren Winterschlaf in den Alpen errichten, stellten die enorme Dimension des Salzabbaus unter Tage vor, kamen kurz auf das Bohrsystem zur Ölförderung in der Nordsee zu sprechen und zeigten auch Beinhäuser in den Kellerräumen unterhalb von Kirchen, ehe sie über die bizarre Schönheit einer Tropfsteinhöhle die Röhrenkonstruktion vorführten, über die Reutlingen und Stuttgart ihr Trinkwasser aus dem Bodensee erhalten.

Was in der Zusammenfassung wie eine simple Addition klingt, war im Film durch visuelle und akustische Übergänge elegant aneinandergefügt. Die

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(3) besonderen Aufnahmen unter Tage oder unter Wasser wurden durch Zeitraffer und Zeitlupen ergänzt, die Vorgänge sinnfällig beschleunigten oder dehnten. Computerzeichnungen und -animationen stellten vor, was man eben nicht sehen kann – also den Aufriss von Rohrleitungen, Höhlenverläufen und Kellergewölben. Einmal gar hob sich in der Computeranimation ein ganzer Berg in die Luft, um den Blick auf das freizulegen, was sich unter ihm befindet.

Das war ebenso lehrreich wie amüsant, so dass man selbst den Musikteppich in Kauf nahm, der unter diesem Film liegt wie das Abwassersystem unter den Städten. Und so ist man gespannt, wie diese Reise in das „Land unter unseren Füßen“ am kommenden Sonntag (25. Mai) weitergeht.

Funkkorrespondenz / Dietrich Leder

Vor vier Jahren strahlte das ZDF die zweiteilige Doku „Deutschland von oben“ aus und landete damit einen Volltreffer. Es folgten weitere Episoden, die im Schnitt fünf Millionen Zuschauer vor die Bildschirme lockten. Die Reihe wurde für den Grimme-Preis nominiert und mit dem Deutschen Kamerapreis ausgezeichnet.

An diesen Erfolg wollte das ZDF anknüpfen. Dafür wechselten die Filmautoren Freddie Röckenhaus und Petra Höfer die Perspektive und zeigten „Deutschland von unten“. Bereits die erste Episode über die beeindruckende Welt unter unseren Füßen war ein optisches Meisterwerk. Die Fortsetzung wartete mit

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(2) Superlativen auf: kilometertief, minutenlang, hektoliterweise. Den Zuschauern ohne Vorwissen dürfte es schwer gefallen sein, sich die Dimensionen vorzustellen. Die großartigen Computersimulationen und die angenehm unangestrengte Erzählerstimme aus dem Off sorgten jedoch

dafür, einen Eindruck der gigantischen Parallelwelt unter unseren Städten zu vermitteln und gleichzeitig das Bewusstsein dafür zu schärfen, welche organisatorischen, statischen und logistischen Meisterleistungen sich dahinter verbergen. Mit dieser Doku hat das ZDF einmal mehr bewiesen, dass öffentlich-rechtliches Fernsehen durchaus in der Lage ist, zu bilden und zu unterhalten.

RTV