Der Berg ruft


Hochsaison im Berchtesgadener Land

Hundertausende machen hier jedes Jahr Urlaub, Urlaub in Deutschland, Urlaub in den Bergen. Zwischen Watzmann-Ostwand und Ramsauer Kirchlein, zwischen Echo vom Königssee und langen Warteschlangen an der Jenner-Seilbahn. Zwischen trügerischer Alm-Romantik des „Nationalparks Alpen“ und dem Erbe des Obersalzbergs, den die Nazi-Prominenz von Hitler über Bormann bis zu Göring und Speer für ihre Sommerhäuser okkupiert hatte, um hier in hochalpiner Kulisse Europas Diplomaten zu empfangen und die Pläne für Judenvernichtung und Krieg zu schmieden.

In Berchtesgaden ist der Urlaub noch deutsch. Man atmet Bergluft, trinkt Radler oder eine Maß, vertilgt Gebirge von Haxen und kauft im Land mit der größte Andenkenbudendichte Europas einen Tirolerhut, made in Taiwan. Nirgendwo ist Deutschlands Landschaft so schön wie in diesem südlichsten Vorposten Bayerns, nirgendwo wird bajuwarische Lebensart so allumfassend und gnadenlos vermarktet wie hier.

Doch das Lederhosen-, Dirndl- und De-Mark-Idyll bekommt Falten. Nach dem beispiellosen Boom der Nach-Wende-Jahre, mit einem Ansturm von Sachsen und Thüringern und kilometerlangen Trabi-Staus im Berchtesgadener Talkessel, gehen die Touristenzahlen nun dramatisch zurück. Im Ort streitet man, ob weniger Tourismus nicht mehr wäre, ob man mit dem Hitler-Erbe an Obersalzberg und Kehlstein mehr oder lieber etwas weniger Geschäfte machen solle und ob man statt auf die Natur-Puristen vom Nationalpark künftig lieber auf Mountain-Biker und Adventure-Sportler setzen sollte.

Doch trotz rückläufiger Zahlen: Noch wälzen sich an schönen Tagen die Ruhe- und Einsamkeit Suchenden die Wanderwege zum Watzmannhaus oder zum Wimbachgries hinauf. Und über den überlaufensten Gipfel des Jenner heißt es bei Einheimischen nur noch verächtlich: „Jeder Penner geht a‘m Jenner.“ Doch der Berg ruft sie alle: Preußen, Japaner und Amis.

In Berchtesgaden ist der Urlaub noch deutsch. Man atmet Bergluft, trinkt Radler oder eine Maß, vertilgt Gebirge von Haxen und kauft im Land mit der größte Andenkenbudendichte Europas einen Tirolerhut, made in Taiwan. Nirgendwo ist Deutschlands Landschaft so schön wie in diesem südlichsten Vorposten Bayerns, nirgendwo wird bajuwarische Lebensart so allumfassend und gnadenlos vermarktet wie hier.

Doch das Lederhosen-, Dirndl- und De-Mark-Idyll bekommt Falten. Nach dem beispiellosen Boom der Nach-Wende-Jahre, mit einem Ansturm von Sachsen und Thüringern und kilometerlangen Trabi-Staus im Berchtesgadener Talkessel, gehen die Touristenzahlen nun dramatisch zurück. Im Ort streitet man, ob weniger Tourismus nicht mehr wäre, ob man mit dem Hitler-Erbe an Obersalzberg und Kehlstein mehr oder lieber etwas weniger Geschäfte machen solle und ob man statt auf die Natur-Puristen vom Nationalpark künftig lieber auf Mountain-Biker und Adventure-Sportler setzen sollte.

Doch trotz rückläufiger Zahlen: Noch wälzen sich an schönen Tagen die Ruhe- und Einsamkeit Suchenden die Wanderwege zum Watzmannhaus oder zum Wimbachgries hinauf. Und über den überlaufensten Gipfel des Jenner heißt es bei Einheimischen nur noch verächtlich: „Jeder Penner geht a‘m Jenner.“ Doch der Berg ruft sie alle: Preußen, Japaner und Amis.

Facts

Erstausstrahlung: 20.11.1996, 21.45 Uhr, ARD
30 Minuten
Einschaltquote der Erstsendung: 3,85 Millionen – 14,2 % MarktanteilWeitere Ausstrahlungen: 3 SAT, Nord 3, ORB 3, Hessen 3, Phönix

    test
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    Mit ironischem Unterton beschreiben Petra Höfer und Freddie Röckenhaus die Hochsaison im Berchtesgadener Land. Die amüsanten Beobachtungen sind durchsetzt mit Eindrücken von den vergangenheitsbeladenen Schauplätzen der Bergidylle: Hitlers Domizil auf dem Obersalzberg beispielsweise, wo der Gröfaz gern mit Schäferhündin Blondie umhertollte. Höfer und Röckenhaus sind bezeichnende Aufnahmen gelungen. Etwa wenn ein Kioskbesitzer den Hinweis eines Kunden, man müsse doch Geschichte aufarbeiten, mit dem Hinweis abtut: "Aber nicht bei mir!"

    taz

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    Hintergründig und kritisch beschreiben die Autoren das Lederhosen-, Dirndl- und D-Mark-Idyll und das florierende Geschäft mit der Vergangenheit.

    Westfälische Rundschau

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    Die Reportage von Höfer und Röckenhaus zeigt die gnadenlose Vermarktung bajuwarischer Lebensart in der südlichsten Spitze Deutschlands

    Rhein-Zeitung

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    Petra Höfer und Freddie Röckenhaus boten hübsche Ausblicke auf das Berchtesgadener Land und garnierten ihre beschwingte Luftfahrtschau auf den Gipfeltrubel mit allerlei Originalaussagen von außerbayerischen Seppelbehosten und Einheimischen, die den weiten Überblick behalten haben

    Frankfurter Rundschau

Credits

Ein Film von:
Petra Höfer
Freddie Röckenhaus
Kamera:
Rolf Rosendahl
Jens Koch
Schnitt:
Miriam Peter
Redaktion:
Elmar Hügler (Radio Bremen)

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